Die institutionalisierte Förderung des Bündner Kunsthandwerks geht auf die 1920er-Jahre zurück. Zu dieser Zeit rückte die bäuerliche Heimarbeit in der Schweiz vermehrt ins öffentliche Interesse. Eine prägende Figur in Graubünden war die damalige Vorsteherin der Bündner Frauenschule, Christine Zulauf. Gemeinsam mit Vertretern aus Bildung und Politik engagierte sie sich für die Neubelebung des Spinn- und Webhandwerks im Kanton, etwa mit der Durchführung von Kursen für Heimarbeiterinnen. In der Folge wurde 1930 die Genossenschaft «Zentralstelle für Heimarbeit» gegründet. Sie wurde wenige Jahre später in «Bündner Heimatwerk» umbenannt.

Pionierarbeit leistete auch die Weberin und Stickerin Irma Roffler. Sie führte das Bündner Heimatwerk von Beginn an bis 1968. Unter ihrer Regie wurde in Chur eine kleine Webstube eröffnet, die sich rasch weiterentwickelte. Nach mehreren Umzügen wurde der Betrieb 1948 an den Mühleplatz überführt. Er etablierte sich als eigentliches Lehr- und Entwurfsatelier, wo überlieferte Volkskunst mit zeitgenössischen Entwürfen neu interpretiert wurde.

Von Chur ausgehend, entstand im ganzen Kanton ein Netzwerk mit zahlreichen Heimarbeiterinnen, von Vrin über Braggio bis Stampa. Damit konnte – als erfreulicher Nebeneffekt – der Abwanderung von Bauerntöchtern in die Städte entgegengewirkt werden. Die Heimarbeiterinnen und die Churer Werkstatt produzierten Wolle und Stoffe für Möbel, Vorhänge, Kleider, Trachten und vereinzelt gar für Polsterbezüge der Rhätischen Bahn. Grösste Abnehmer waren die Schneider-, Möbel- und Tapezierwerkstätten im Schweizer Heimatwerk Zürich.

In den Boomjahren der Nachkriegszeit geriet die Genossenschaft in eine Krise. Der Betrieb konnte mit der fortschreitenden Industrialisierung und der Flut billiger Importartikel immer weniger Schritt halten, das Geschäft wurde zunehmend defizitär. Das endgültige Schicksal besiegelte 1991 ein Brand im Haus am Mühleplatz. Webstube und Warenlager gingen im Löschwasser unter, der Betrieb musste aufgegeben werden. Um ein endgültiges Aus der Institution abzuwenden, wurde 1998 – nach Verhandlungen mit dem Kanton – die Stiftung Bündner Kunsthandwerk gegründet.

Zwar blieb die neue Stiftung den Zielen des ehemaligen Heimatwerks treu. Sie konzentrierte sich aber fortan auf die Unterstützung von Selbständigen und Kleinunternehmen und weitete ihren Fokus auf alle Disziplinen des Kunsthandwerks aus. Seit 1999 vergibt sie – mit Unterbrüchen – jährlich Auszeichnungen.

Phasenweise wurde die Fördertätigkeit ausgesetzt, um notwendige Umbau- und Erneuerungsarbeiten der stiftungseigenen Liegenschaft zu finanzieren. Die Arbeiten konnten 2024 abgeschlossen werden.

Die Stiftung Bündner Kunsthandwerk ist Eigentümerin der Liegenschaft Mühleplatz 5 in der Churer Altstadt. Das vollständig vermietete Gebäude besteht aus einem Ladenlokal im Parterre und mehreren Wohnungen. Die Erträge der Liegenschaft ermöglichen massgeblich die Fördertätigkeit der Stiftung.

Von 1948 bis 1991 wurde das Haus von unserer Vorgängerinstitution «Bündner Heimatwerk» genutzt. Diese betrieb hier eine Weberei sowie ein Verkaufslokal für hauseigene Produkte. Aus dieser Zeit stammt ein Fries von Annina Vital an der Aussenwand. Das Gemälde zeigt verschiedene Szenen des ländlichen Lebens.

Maja Schorta: Aus der Geschichte des Bündner Heimatwerks oder: Zeitgeist im Wandel. In: Bündner Jahrbuch 39/1997
Maya Höneisen: Aus den Traditionen herausgewachsen. In: Terra Grischuna 6/2017

Präsident:
Christof Kübler, Fürstenaubruck
kuebler@kunsthandwerk-gr.ch

Stiftungsratsmitglieder:
Donat Caduff, Zürich
Gion A. Caminada, Vrin
Maya Repele, Sta. Maria Val Müstair
Christina Sonderegger, Zürich

Möchten auch Sie das kunsthandwerkliche Schaffen in Graubünden fördern? Wir nehmen gerne Spenden und Legate entgegen, um den Stiftungszweck gemäss Statuten noch besser erfüllen zu können. Die Stiftung Bündner Kunsthandwerk ist steuerberfreit. Spendenbescheinigungen werden ausgestellt. Auskünfte erteilt Christof Kübler, Präsident.

Bankverbindung:
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